Woche 15 2003
„Ärmliche Zierlichkeit“ bescheinigte die Schriftstellerin Käthe Miethe der Heiliggeistkirche, die im Gegensatz zur Majestät der großen Kathedralkirchen nur ein flacher Saalbau ist, schlicht und prunklos, aber von stiller, anheimelnder Schönheit. Doch auch dieses Gotteshaus hat seinen besonderen Reiz und manche Überraschung zu bieten. Allein die Balkendecke mit alttestamentarischen Szenen aus der Merianbibel zwischen buntem Akanthusdekor ist ein Kleinod sakraler Kunst. Oder die Prozessionsleuchter, die so genannten „Lichtebome“, die Gestühlwangen mit Inschriften, Wappen und Innungszeichen... Heute ist hier sogar die wohl seltsamste Hinterlassenschaft Wismarer Kirchengeschichte zu bestaunen: Ein magisches Feld aus 99 Buchstaben bietet uns 504 Möglichkeiten, DEO GRACIAS zu lesen. Es stammt aus dem frühen 14. Jahrhundert und hat unter dem schützenden Putz der Südwand die Zeiten überdauert, bis es bei Restaurierungsarbeiten entdeckt wurde.