Woche 28 2004
Wismar gehörte zu den ersten Orten in Mecklenburg, die nach dem II. Weltkrieg ein Jubiläum begingen. 1954, als die Stadt ihr 725-jähriges Bestehen feierte, war man noch dabei, die Trümmer der braunen Diktatur zu beseitigen. Der wirtschaftliche Wiederaufbau zeigte erste Blüten – die 1946 gegründete Schiffswerft und die weithin sichtbare Kabelkrananlage. So widerspiegelte der Festzug nicht nur die Ambitionen des neu entstandenen Staatswesens, sondern auch die Sehnsucht der Menschen nach Wohlstand und Glück. Am Festwagen der jungen HO-Industriewaren, den der Fotograf in Höhe Löwen-Apotheke erwischt hat, lesen wir: „Ganz Deutschland soll zu einer Macht des riedens und der Arbeit, der Demokratie und des Fortschritts werden“. Ja, damals träumte man hierzulande noch vom geeinten Vaterland. Das Schiffsmodell im Wappen und die Trachtenpaare auf dem Spruchband verbanden Tradition und Zukunft, ebenso wie Ernst Boldt, der Wismar nach alter Sitte plattdeutsch gratulierte:
Wi will’n de Glückwünsch’ hüt nich sporen: stah fast noch Hunnerte von Johren!